Das mobile Tarnzelt

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Photography from the car

Seitdem ich mit der Vogelfotografie begonnen habe, nutze ich immer öfters das Auto als mobiles Tarnzelt. Die letzten 2 Jahre, in den ich in den Niederlanden wohne, habe ich den größten Teil meiner Zeit aus dem Auto fotografiert. Mit diesem Erfahrungsbericht will ich einen Einblick in meine Erfahrungen mit dem Auto als mobiles Tarnzelt geben. Ich werde im folgenden Erfahrungsbericht etwas detailierter auf die Ausrüstung, die ich für mein mobiles Tarzelt benutze, eingehen und dazu auch noch ein paar Tipps geben.

Ausrüstung

Bohnensack

Wenn man aus dem Auto fotografiert, dann empfiehlt es sich eine stabile Unterlage, auf der man das Objektiv auflegen kann, zur Verfügung zu haben. Der Bohnesack ist dafür ein beliebtes Mittel von Naturfotografen. Der Bohnensack ist ein kleiner Beutel, der auf den Türrahmen oder das Fenster aufgelegt wird, gefüllt mit Material um dem Objektiv eine stabile Fläche zu bieten. Bei der Füllung des Bohnensacks gibt es verschiedene Möglichkeiten. Manche befüllen ihn mit Bohnen (daher der Name), Reis, Kirschkernen oder kleinen leichten Kugeln. Bis auf Reis, der bei Feuchtigkeit aufquillt, kann ich alle Befüllungsmittel empfehlen. Persönlich nehme ich Kirschkerne, da ich die vor Jahren mal günstig (10kg < 10Euro) erwerben konnte. Das wichtigste bei der Wahl der Füllung ist, das sie am Ende nicht zu leicht ist, da sonst die Gefahr besteht, dass der Bohnensack vom Fenster rutscht. Ein weitere wichtiger Punkt, den ich bisher immer vernachlässigt habe, ist das Geräusch, das durch das bewegen des Bohnensacks entsteht. Mein mit Kirschkernen gefüllter Bohnensack ist realtiv laut und ich kann mir vorstellen dass bei sehr geräuschempfindlichen Tieren (z.B. Rehe) dies zu einem Problem werde könnte. Dann ist das Reh schon weg bevor man den Bohnensack auf dem Fenster platziert hat. Der Vorteil des Bohnensacks ist der Preis und die Flexibilität. Man kann so einen Sack relativ leicht selbst nähen oder speziell geformte Bohnensäcke relativ günstig im Internet bestellen (z.b. hier oder hier ). Das Gewicht des Bohnensacks ist variabel, da es stark von der Füllung abhängt, d.h. man kann den Bohnensack leicht auf Reisen mitnehmen und ihn erst vor Ort füllen.

Beanbag - Bohnensack Beanbag - Bohnensack

Der Bohnensack eignet sich perfekt für Ansitzfotografie oder bei Vögeln die auf einem Ast sitzen oder sich nicht viel bewegen. Sobald es aber zu Flugaufnahmen kommt dann zeigt der Bohnensack seine Schwächen. Ich konnte Vögel die an mir vorbei flogen nie gut mit dem Objektiv auf dem Bohnensack verfolgen. Das Objektiv lässt sich nicht flüssig genug bewegen um die Vögel vernünftig im Flug zu verfolgen. Ein weiteres Problem, das ich spez. mit meinem Sigma 500/4.5 EX HSM hatte, war das der Fokusring auf dem Bohnensack lag und jedes Mal wenn ich das Objektiv auf dem Bohnensack bewegt habe, hat dies den Fokusring verschoben und somit in den AF eingegriffen. Das Resultat war, dass ich einige Aufnahmen hatte bei denen der AF nicht immer 100% saß. Ob das bei den großen Canon / Nikon Festbrennweiten auch so ist, kann ich nicht sagen, da mir da die Erfahrung fehlt. Falls sich das manuelle Eingreifen in den AF am Objektiv aber nicht abstellen lässt und man viel Flugaufnahmen oder Bilder von Tieren in Bewegung machen will, dann würde ich mir die Nutzung eines Bohnensacks zu diesem Zweck nochmal gut überlegen.

 

Autoscheibenstativ

Burzynsky Autoscheibenstativ - window mountDa ich sehr oft Flugaufnahmen von Vögeln mache und ich mit dem Bohnensack Probleme hatte, musste ich eine andere Lösung finden. Ich konnte gebraucht ein Autoscheibenstativ von Rainer Burzynski kaufen. Auf dieses Autoscheibenstativ konnte ich den Wimberley Head schrauben und all die Vorzüge des Wimberley hatte ich nun auch im Auto. Mein Problem war gelöst :-) . Rainer Birzynski bietet 2 Varianten des Autostativs an einmal die normale Version und eine "Vario" Version, die eine eingebaute Nivellierhalbschale hat. Links auf dem Bild ist die "Vario" Variante mit der 100mm Nivellierhalbschale zu sehen. Bei Flugaufnahmen in denen man den Horizont sieht, ist es wichtig, dass die Drehachse des Wimberley gerade ausgerichtet ist, wenn das nicht so ist, dann bekommt man beim schwenken einen ungeraden Horizont. Ein schiefen Horizont will man nicht gerade im Hintergrund eines Bildes haben. Daher ist die "Vario" Variante mit der Nivellierhalbschale perfekt für Flugaufnahmen geeignet. Wenn ich mit dem Auto einen Weg entlang fahre und ein Vogel auf mich zu geflogen kommt, dann stopp ich langsam das Auto, richte den Wimberley mittels Nivellierung gerade aus und schon kann es losgehen. Um den Wimberley gerade ausrichten zu können hab ich mir eine kleine Wasserlibelle auf den Wimberley geklebt, damit lässt sich exakt feststellen, ob der Wimberley auch richtig ausgerichtet ist. Das ganze Prozedere dauert bei mir mittlerweile weniger als ein paar Sekunden und ist für mich somit schneller als den Bohnensack aufs Fensterauflegen und dann noch Objektiv drauf legen. Ein großer Vorteil des Autoscheibenstativs ist, dass es fest am Autofenster befestigt ist. Bei kurzen Fahrten lass ich das Autoscheibenstativ samt Wimberley, Objektiv und Kamera am Fenster hängen und bin somit innerhalb weniger Sekunden Schußbereit. Das Objektiv mit Kamera würde ich nur ungern bei voller Fahrt auf dem Bohnensack liegen lassen. Die Angst, dass der Bohnensack samt Objektiv abrutscht wär mir zu groß. Außerdem müsste ich ständig auf die kamera achten, dass sie nicht runterfällt und hätte meine Augen somit mehr woanders als auf dem Verkehr. Das Autoscheibenstativ ist mit etwas Übung innerhalb einer Minute am Fenster befestigt und dort bleibt es dann auch hängen bis das Objektiv wieder im Rucksack oder auf dem Beifahrersitz verschwindet. Das Autoscheibenstativ ist Höhenverstellbar und dürfte sich an jedes Fenster eines Autos befestigen lassen. Einen Nachteil im Verlgeich zum Bohnensack hat das Autoscheibenstativ aber, der Preis. Einen Bohnensack kann man leicht selbst machen oder für unter 30 Euro erwerben. Bei einem Autoscheibenstativ sieht es da wieder etwas anders aus. Das Autoscheibenstativ von Rainer Burzynski kostet gut ein paar Hundert Euro.Bei Isarfoto kann man die Autoscheibenstative von Rainer Burzynski kaufen oder man bestellt es direkt bei Rainer Burzynski. Alternativen gibt es von Kirk, Berlebach (ein sehr simple Auflage) und Ergorest oder man bastelt sich so ein Autoscheibenstativ selbst.

 

Extra Tarnung

Wenn ich Singvögel und andere Tiere mit dem Auto aus kurzer Distanz fotografiere, dann nehme ich als zusätzliche Tarnung ein Tarnnetz. Das Tarnnetz wird vor das Fenster gespannen und sorgt dafür, dass Bewegungen im inneren des Autos für die Vögel und Tiere weniger sichtbar sind. Wenn man Singvögel aus dem Auto fotografiert, dann hat hält man meistens einen Abstand von 6-10m ein, um den Vogel relativ gut ins Bild zu bekommen. Aus dieser Distanz kann jede kleine Bewegung ein Störsignal für den Vogel sein. Zur Zeit nutze ich 2 Varianten als Tarnung im Auto.

Photography from the carVon einem holländischen Naturfotografen hab ich mir einen Tarnumhang gekauft, da mir ein Tarnzelt viel zu groß, zu schwer, zu unflexibel und die Sicht im Tarnzelt sehr eingeschränkt war. Bei manchen Situationen mag das genau das richtige sein, aber für mich war dies nur selten der Fall, deswegen steht das Tarnzelt jetzt irgendwo in der Ecke und der Tarnumhang liegt bei jeder Tour schon im Auto. Der Tarnumhang ist sehr leicht und hat ein kleines Sichtfenster, welches völlig ausreicht für die Arbeit aus dem Auto. Der Umhang hat auch noch eine extra Öffnung für das Objektiv. Der Tarnumhang wird Im Auto befestigt, so dass sich das Sichfenster auf einen idealen Höhe befindet. Um den Umhang ausreichend zu befestigen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man kann die Sonnenblende nutzen, die Handgriffe oberhalb des Fenster und zusätzlich dazu noch Wäscheklammern, damit der Umhang auch fest sitzt. Diese Variante hat den Besten Tarneffekt, da es nur über eine kleines Sichtfenster verfügt und der Rest ein lichtundurchlässiger Stoff ist. Das Befestigen des Tarnumhangs im Auto kann je nach Auto etwas umständlich sein und es ist nur für eine Person geeignet. Falls noch ein zweiter Fotograf auf der Rückbank sitzen sollte, ist ein 2. Umang nötig, da der Umhang eigentlich nicht für das Arbeiten aus dem Auto konzipiert wurde.Den Tarnumhang kann man bei dem holländischen Online Händler Camera Tools beziehen.

Seit kurzem bietet der holländische Naturfotograf eine neue Variante an, die speziell für das Fotografieren aus dem Auto konzipiert ist. Im Vergleich zum Tarnumhang besteht diese Variante aus einem lichtdurchlässigen Stoff und ist wie eine Gardine konzipiert. Die Gardine wird mit einem Seil und Saugnäpfen geliefert. Ein Saugnapf kann an der Frontscheibe und der 2. an der Rückscheibe oder am hinteren Fenster befestigt werden. Das Tarnnetz wird an dem Seil befestigt und lässt sich nun wie eine Gardine bedienen. Das Netz ist so breit, so dass es sich auch auf der Rückbank mitbenutzen lässt. Dadurch ist es perfekt für 2 Fotografen geeignet. Das Netz und das Seil lassen sich relativ einfach im Auto befestigen und dadurch, dass es wie eine Gardine konzipiert ist, lässt sich das Netz einfach verschieben. Wenn man das Netz mal nicht braucht oder kurz den Standort wechseln will, kann man es einfach zur Seite schieben und man hat wieder ausreichend Sicht. Ich bin mit dieser Lösung bisher sehr zufrieden, auch wenn sie leichte Schwächen hat. Das Netz könnte etwas lichtundurchlässiger sein, indem man da obere Drittel des Netzes so lässt wie es ist und bei den unteren 2/3 des Netzes den selben Stoff wie bei dem Tarnumhang nimmt. Dann noch 2 Öffnungen für Objektive rein machen und fertig wäre aus meiner Sicht das perfekte Tarnnetz für das Auto. Das Tarnnetz fürs Auto kann man bei Cameratools online bestellen.

Autofenster Tarnung innenFenster Tarnung

 

Anpirsch- und Fotografiertechniken mit dem Auto

Handling the Wimberley on a window mountDas Schwierigste beim Fotografieren aus dem Auto ist das Anpirschen. Automotoren sind nicht gerade die leisesten und ein abrupt stoppendes Auto verunsichert Vögel oder Tiere auch sehr stark. In den letzten Jahren hab ich so meine eigenen Strategien entwickelt um nahe genug an Vögel mit dem Auto heranzukommen.

Meistens ist es so, dass man mit dem Auto auf einer Strasse unterwegs ist und man sieht plötzlich einen Vogel auf einem Pfahl oder Ast in der Nähe der Strasse sitzen. Abruptes Abbremsen und direktes Stoppen auf Höhe des Vögels wird in den meisten Fällen dazu führen, dass der Vogel verunsichert wird und weg fliegt. Ich mache es daher immer so, dass ich so bald ich den Vogel sehe, schon abbremse und dann das Auto langsam auf den Vogel zu rollen lasse. Ich stoppe dann etwa im 20-45º Winkel vor dem Vogel und mache erste Bilder. Wenn der Vogel dann immer noch auf der selben Stelle sitzt und ich meine ersten Bilder schon im Kasten hab, bewege ich das Auto ein paar Meter weiter und nähere mich so dem Vogel. Alternativ fährt man mit dem Auto langsam einfach an dem Vogel vorbei und stoppt ein paar Meter hinter dem Vogel. Mit dem Rückwärtsgang kann man sich dann sehr langsam den Vogel nähern. Wichtig bei dieser Variante ist, dass man langsam an dem Vogel vrobei fährt und sehr langsam im Rückwärtsgang wieder zurück. Abruptes abbremsen sollte man auch hier vermeiden. Wenn die jeweilige Tierart es zulässt, dann lege ich meinen linken Arm noch auf die Sonnenblende um dem Ganzen etwas mehr Stabilität zu geben.

Etwas anders sieht das ganze aus wenn man z.B. Singvögel fotografieren will. Als erstes sollte man z.B. am Feldrand Singwarten der Vögel auskundschaften. Singvögel haben meistens 2-3 Singwarten auf denen sie bevorzugt sitzen. Als nächstes paltziert man das Auto neben einer Singwarte, wenn der Vogel gerade abwesend ist und nutzt das Tarnnetz als zusätzliche Tarnung. Jetzt muss man nur noch Geduld haben udn warten bis der Vogel wieder zu seiner Singwarte zurückkehrt.

Motor an oder aus ?

Ich bevorzuge es denn Motor kurz bevor ich mein Motiv erreiche auszuschalten, um so den Störfaktor des lauten Motors zu senken. Im Leerlauf lass ich das Auto dann auf den Vogel zu rollen. Das Ausschalten des Motors hat auch noch einen weiteren wichtigen Grund. Wenn der Motor angeschalten ist werden die Vibrationen des Motors an das Objektiv übertragen und das sorgt im schlimmsten Fall für unscharfe Aufnahmen.

 

Bilder aus dem mobilen Tarnzelt

 

Review by Sebastian Erras

Images are copyrighted © Sebastian Erras